Foto: 1. UA in der 15. Wahlperiode Der UA „Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)“ ist am Donnerstag, 21. Juli 2016, zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen.
Der Ausschuss war auf Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP in der Plenarsitzung am Mittwoch, 20. Juli 2016, einstimmig eingesetzt worden. Zum Vorsitzenden wurde der SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler gewählt, der bereits den Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW“ in der 15. Wahlperiode geleitet hatte. Stellvertretende Vorsitzende ist die Abgeordnete Petra Häffner (Grüne). „Der Ausschuss kam gleich am Tag nach seiner Einsetzung zusammen, damit die Aufklärung schnellstmöglich fortgesetzt werden kann“, betonte Drexler. In der Sitzung seien eine Reihe von Beweisbeschlüssen gefasst sowie die Sitzungstermine bis Jahresende 2016 festgelegt worden. Die erste öffentliche Sitzung mit der Befragung von Zeugen finde nach der parlamentarischen Sommerpause statt.
Wie der Vorsitzende ausführte, soll das Gremiun Fragen klären, die der Untersuchungsausschuss in der 15. Wahlperiode aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht oder nicht zufriedenstellend beantworten konnte. Der 15. Landtag habe deshalb am 18. Februar 2016 beschlossen, dem 16. Landtag zu empfehlen, einen weiteren Untersuchungsausschuss einzusetzen. „Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die bereits der erste Untersuchungsausschuss gewonnen hat, sollen nun die noch offenen oder neu aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit dem Komplex ‚Rechtsterrorismus in Baden-Württemberg und Terrorgruppe NSU‘ geklärt werden“, betonte Drexler.
Nach Angaben des Vorsitzenden besteht der Untersuchungsauftrag aus zwölf Fragenkomplexen. Untersucht werden solle etwa, welche Verbindungen zwischen Mitgliedern der Terrorgruppe NSU und ihrer Unterstützer zu Personen, Organisationen und Einrichtungen des rechtsextremen/rechtsradikalen Spektrums in Baden-Württemberg bestanden hätten. Dabei solle auch berücksichtigt werden, welche Rolle rechtsextreme Musikgruppen und Musikvertriebsstrukturen, bestimmte Treffpunkte und Angehörige von Rockergruppierungen und Personen, Organisationen und Netzwerke der organisierten Kriminalität in Baden-Württemberg gespielt haben. Ebenfalls solle das personelle und organisatorische Verhältnis der unterschiedlichen Ku-Klux-Klan-Gruppen in Baden-Württemberg untereinander, im bundesweiten und internationalen Kontext im Hinblick auf mögliche Verbindungen zum NSU sowie zu den V-Leuten „Corelli“ und „Primus“ untersucht werden. Im Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit stehe zudem die Frage, ob von Seiten des NSU weitere Anschläge im Südwesten geplant oder ausgeführt worden seien und ob Angehörige von ausländischen Sicherheitsbehörden am 25. April 2007 auf oder in der Umgebung der Heilbronner Theresienwiese anwesend gewesen seien.
Beleuchtet werden solle auch die Rolle von baden-württembergischen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit dem NSU. So wolle das Gremium etwa herausfinden, welche Erkenntnisse die Behörden hatten oder hätten haben müssen, wie die Zusammenarbeit mit Behörden des Bundes und anderer Länder gelaufen sei und ob es eventuell Fehler und Versäumnisse gegeben habe. Der Ausschuss solle dem Landtag bis zum 31. Oktober 2018 über seine Untersuchungsergebnisse berichten und Vorschläge unterbreiten, wie gegebenenfalls zu beanstandenden Vorgängen zukünftig vorgebeugt werden könne, legte Drexler dar.
In der konstituierenden Sitzung habe das Gremium beschlossen, einen Ermittlungsbeauftragten einzusetzen, der mit der Sichtung von Akten beauftragt werde. Er solle aus dem umfangreichen Material die den Untersuchungsauftrag betreffenden Aktenteile herausarbeiten, die dann vom Ausschuss angefordert werden könnten. Diese Aufgabe übernehme der Rechtsanwalt Prof. Dr. Heintschel-Heinegg, der bereits für den Untersuchungsausschuss in der 15. Wahlperiode als Sachverständiger tätig gewesen sei. Außerdem sei die Ladung von zwei Zeugen beschlossen worden, die zu der Frage Auskunft geben sollen, ob sich am Tag des Anschlags auf die beiden Polizeibeamten in Heilbronn Geheimdienste am oder in der Nähe des Tatorts befunden hätten, sagte Drexler.
Erneut beschlossen worden sei außerdem die Vernehmung des ehemaligen Anführers einer Ku-Klux-Klan-Gruppe in Schwäbisch-Hall, in der unter anderem der Gruppenführer der in Heilbronn ermordeten Polizeibeamtin zeitweise und ein weiterer Polizeibeamter Mitglied gewesen seien. Darüber hinaus werden vier Sachverständige zu den Themen Rechtsextremismus im Überblick, Geschichte des Rechtsextremismus, Ku Klux Klan sowie Rechtsextremismus und Musik geladen, insbesondere im Hinblick auf Baden-Württemberg. Der Ausschuss habe zudem festgelegt, dass ein Bericht der Landesregierung zu den im Untersuchungsauftrag gestellten Fragen sowie weitere Beweismittel u.a. von Landes- und Bundesministerien angefordert werden, so Drexler.
Dem Untersuchungsausschuss gehören insgesamt zwölf Abgeordnete an. Neben dem Vorsitzenden Wolfgang Drexler (SPD) und der stellvertretenden Vorsitzenden Petra Häffner (Grüne) sind dies Susanne Bay (Grüne), Jürgen Filius (Grüne), Alexander Salomon (Grüne), Thomas Blenke (CDU), Arnulf Freiherr von Eyb (CDU),
Marion Gentges (CDU), Christine Neumann (CDU), Dr. Boris Weirauch (SPD), Nico Weinmann (FDP/DVP) und Dr. Christina Baum (AfD).
Hierbei handelt es sich um eine Pressemitteilung der Pressestelle des Landtags von Baden-Württemberg.