Im Streit um die Organisation des Rettungsdienstes in Mannheim schlägt der SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Boris Weirauch die Einschaltung eines neutralen Schlichters vor, der zwischen Stadt und Bereichsausschuss vermittelt. „Die Situation ist mehr als verfahren. Mannheim verfügt aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen zwischen Stadt und Bereichsausschuss nach wie vor über keinen Bereichsplan für den Rettungsdienst im Stadtkreis Mannheim, obwohl das gesetzlich vorausgesetzt wird. Nun gilt es, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um einen von Stadt und Bereichsausschuss gemeinsam getragenen Vorschlag zu finden, der eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung sicherstellt“, erläutert Weirauch seinen Vorstoß.
Sofern dazu im Vorfeld ein weiteres, unabhängiges Gutachten benötigt werde, auf dessen Basis man den Bedarf an Notarzt- und Rettungswagen für Mannheim definiert und an das sich Stadt und Rettungsorganisationen bzw. die Krankenkassen gleichermaßen gebunden fühlen, sollte es nach Auffassung des ehemaligen Stadtrats nicht daran scheitern.
Die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Mannheim und dem ASB über die Verlegung eines Rettungswagen von Käfertal nach Sandhofen hatte Weirauch bereits im Sommer veranlasst, sich an das baden-württembergische Innenministerium zu wenden. „Ich möchte sichergestellt wissen, dass die Verlegung eines Rettungswagens von Käfertal nach Sandhofen nicht zu Problemen in der stadtweiten Versorgung, insbesondere auch im Osten und Süden Mannheims, führt“, kommentiert Weirauch seinen Brief an Innenminister Strobl.
Der für den Rettungsdienst zuständige CDU-Innenstaatssekretär Winfried Klenk hatte Weirauch daraufhin schriftlich mitgeteilt, dass er das „Regierungspräsidium gebeten hat, das Gespräch mit beiden Parteien zu suchen“, die Landesregierung aber der Entscheidung der Stadt Mannheim über die Genehmigung des Bereichsplans nicht vorgreifen wollte.
Zwischenzeitlich hat die Stadt die Genehmigung des vom Bereichsausschuss vorgelegten Bereichsplans abgelehnt. Weirauch appelliert an Stadt und Bereichsausschuss, nun gemeinsam mit Hilfe eines neutralen Schlichters nach einer Lösung zu suchen, um endlich einen Bereichsplan für den Rettungsdienstbereich Mannheim in Kraft setzen zu können.
Der SPD-Abgeordnete hatte sich bereits als Stadtrat lange Jahre für eine eigene Mannheimer Leitstelle und die Trennung der Rettungsdienstbereiche Mannheim und Rhein-Neckar eingesetzt, letztendlich erfolgreich. „Doch die beste Struktur nutzt nichts, wenn sie nicht mit Leben gefüllt wird“, plädiert der Sozialdemokrat für eine bessere Zusammenarbeit.
Das betrifft aus Sicht des Abgeordneten auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Die Einsatzzahlen der Mannheimer Rettungswagen im benachbarten Rhein-Neckar-Kreis sind in den letzten Jahren von insgesamt 2376 (2018) auf 1811 (2019) und dann auf 1082 (2020) um insgesamt 54 Prozent gesunken. Rettungswagen der Johanniter-Wache in Friedrichsfeld waren 2018 noch 1668 mal grenzübergreifend im Einsatz, 2019 noch 1367 mal, 2020 938 mal, haben sich von 2018 auf 2020 also beinahe halbiert. Die grenzübergreifenden Einsätze der Rettungswache Käfertal gingen sogar von 545 (2018) auf 351 (2019) und 123 (2020) herunter – eine Abnahme von ca. 77 Prozent.
Diese gesunkenen Einsatzzahlen resultieren aber nach Auffassung von Staatssekretär Klenk aus dem Umstand, dass in Hirschberg eine neue Rettungswache etabliert wurde, die im Oktober 2019 den Betrieb aufnahm und deren Rettungsmittel seitdem als Fahrzeuge mit dem kürzeren Anfahrtsweg viele Einsätze übernommen hätten, die vorher von den Mannheimer Rettungswachen abgedeckt wurden. Im gesamten Jahr 2020 gab es 1562, von Januar bis Juli 2021 bereits 1140 Einsätze der Notfallrettung ausgehend von der Rettungswache Hirschberg.
Der Bereichsausschuss besteht aus Mitgliedern der Rettungsorganisationen und der Krankenkassen als Kostenträger. Die Stadt Mannheim als untere Rechtsaufsichtsbehörde kann die Planung des Bereichsausschusses zurückweisen, wenn berechtigte Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen.