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„Gott hat die Welt bunt und vielfältig gemacht. Es ist unsere Aufgabe, diese Buntheit und Vielfalt zu schützen.“

Veröffentlicht am 25.02.2024 in Reden/Artikel

Laudatio anlässlich der Verleihung des Amos-Preises der Offenen Kirche an die Evangelische Kirchengemeinde Spremberg in der Erlöserkirche Stuttgart

Sehr geehrte Frau Bundesjustizministerin a.D. Däubler-Gmelin, liebe Herta,
sehr geehrter Herr Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl,
sehr geehrte Frau Synodalpräsidentin Sabine Foth,
liebe Mitglieder des Lenkungskreises der Offenen Kirche,
liebe Frau Nerlich, liebe Frau Broda,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,

in Reden über Demokratie und Vielfalt kann man sehr oft hören, dass wir uns heute überaus glücklich schätzen könnten, weil Generationen vor uns diese Demokratie für uns erkämpft haben, und zwar unter erheblichen Risiken für das eigene Leben, die eigene Freiheit. Deswegen sei es ein unschätzbares Privileg, dass wir heute im Jahr 2024 hier bei uns in Freiheit, Demokratie und Frieden leben dürfen. Und wann immer ich diese oder ähnliche Feststellungen höre oder lese, setze ich ein innerliches Ausrufezeichen der Dankbarkeit dahinter! Ja, unsere Demokratie, die es uns ermöglicht in Freiheit und Vielfalt miteinander zu leben, ist ein enormes Privileg und Glück!

Es gibt aber zwei logische Fehlschlüsse, die – bewusst oder unbewusst – ebenso oft aus der oben genannten Feststellung gezogen werden. Der eine ist: Früher musste die Demokratie hart erkämpft werden, heute ist sie einfach da. In diesen Tagen merken wir vielleicht mehr als in den vergangenen Jahren, wie falsch dieser Schluss wäre. Und es macht wirklich Mut, zu sehen, dass Zigtausenden Menschen dieser Tage bewusst wird: Unsere Demokratie und eine offene Gesellschaft sind eben keine Selbstverständlichkeiten. Man kann sie nicht einmalig erringen und dann wie eine Trophäe ins Regal stellen, sie immer wieder bewundernd anschauen, aber letztlich dort verstauben lassen. Unsere Demokratie braucht dauerhaft Wachsamkeit, sie muss ständig und immer wieder neu mit Leben gefüllt werden – von Demokratinnen und Demokraten.

Der zweite logische Fehlschluss geht so: Früher brauchte es Mut, um für die Demokratie einzustehen. Heute ist das ja viel einfacher. Einfacher mag tatsächlich manches sein, aber Vergleiche hinken oft und es gibt auch heute Gegebenheiten, in denen das Einstehen für Demokratie und Vielfalt großen Mut erfordert und alles andere als leicht ist.

Die Ev. Gemeinde im Brandenburgischen Spremberg in der Lausitz hat diese beiden Fehlschlüsse nicht nur erkannt, sondern auf beeindruckende Weise gezeigt, wie lebendiges Engagement aussehen kann und dass solches Engagement auch heute Mut erfordert!

Ihr Einsatz und Ihr Mut, liebe Frau Broda und liebe Frau Nerlich, haben nicht nur die Preis-Jury überzeugt, sondern auch mich beeindruckt. Die Ev. Gemeinde Spremberg, die Sie hier vertreten, wird deshalb völlig zurecht heute mit dem AMOS-Preis der Offenen Kirche in Württemberg ausgezeichnet. Zu dieser verdienten Anerkennung möchte ich Ihnen zunächst von ganzem Herzen gratulieren!

Ein solcher Preis soll die Ausgezeichneten ehren und Sie haben ja wirklich jeden Grund, auch stolz auf Ihr Wirken und Engagement zu sein. Neben dieser Anerkennung für die Ausgezeichneten selbst, hat ein solcher Preis aber natürlich ein zweites Ziel: Er hat Strahlkraft und er dient auch dazu, das beispielhafte Engagement der Ev. Gemeinde Spremberg weithin bekannt zu machen, damit es vielen Menschen Beispiel und Ermutigung sein kann. Ihr Wirken ist vorbildhaft und es macht Mut – all denen, die vielleicht selbst die Erfahrung von Ausgrenzung oder Ablehnung machen mussten, aber auch all jenen, die sich selbst in ihrem Umfeld mutig für eine offene, solidarische Gesellschaft und unsere Demokratie einsetzen.

Und damit diese ermutigende Strahlkraft ihre volle Wirkung zeigen kann, möchte ich gern ein wenig ausführen, auf welche Weise Sie sich so wunderbar einsetzen. Es ist aber schon jetzt völlig klar, dass keine noch so ausführliche Beschreibung Ihres Engagements einer umfassenden Würdigung wirklich im verdienten Maß gerecht werden könnte. Ich will es trotzdem versuchen:

Da wäre zuvorderst das Demokratiebündnis #unteilbar Spremberg, das Sie als Kirchengemeinde initiiert haben und maßgeblich organisieren. Sie beziehen mit diesem Bündnis eindeutig Position für unsere Demokratie, Sie zeigen rechter Hetze und Ausgrenzung nicht nur die rote, sondern eine wunderbar ermutigend bunte Karte! Mich beeindruckt an dieser Arbeit besonders die Vielfältigkeit der Aktivitäten, die Sie auf die Beine stellen. Denn das ist ja genau der richtige Ansatz: Unsere Gesellschaft und unsere Demokratie sind vielfältig, die Menschen sind unterschiedlich und vielfältig und deshalb muss Demokratiearbeit ebenso vielfältig und bunt sein. Das gelingt Ihnen hervorragend!

Ob es ein buntes Programm auf dem Marktplatz ist, bei dem Menschen zusammenkommen können, das Begegnung schafft. Oder dass Sie Demokratiefeste organisieren. Welch großartige Botschaft geht davon aus? Unsere Demokratie ist ein Grund zum Feiern und wir tun das gemeinsam und stehen dabei #unteilbar in all unserer Vielfalt zusammen, die uns stark macht! Oder Ihr Engagement für Erinnerungskultur und Gedenken, z.B. an die Opfer der Reichspogromnacht am 9. November 1938 oder durch die Verlegung von Stolpersteinen. Damit die dieser Tage häufig und zurecht verwendete Botschaft „Nie wieder ist jetzt“, wirken kann, müssen wir uns erinnern an das, was war. Und an das Leid, das Hass, Hetze und Ausgrenzung über Millionen von Menschen gebracht haben.

Im Bündnis bieten Sie Fortbildungen in Form von Workshops und Exkursionen an und machen damit deutlich, wie eng Demokratie und Bildung zusammengehören. Demokratie und Vielfalt müssen wir nicht nur heute schützen, verteidigen und mit Leben füllen, sondern auch morgen und übermorgen. Und wir müssen und wollen auch dafür Menschen befähigen und empowern, damit sie diese wichtige Arbeit auch in Zukunft machen können.

Mit aktiver Flüchtlingsarbeit und einem interkulturellen Café zeigen Sie Menschen ganz konkret: Du bist hier willkommen, wir haben Platz für dich und freuen uns darauf, wie du zu unserer Vielfalt und #unteilbaren Stärke beitragen wirst!

Mit diesen und vielen weiteren Aktivitäten tragen Sie dazu bei, dass unsere Demokratie, unsere freie und offene Gesellschaft eben nicht als Trophäe in einer Vitrine verstaubt, sondern dass sie mit Leben gefüllt werden, sichtbar und erfahrbar sind und Überzeugungskraft behalten. Denn darauf kommt es an: Unsere Demokratie braucht Menschen wie Sie, Frau Nerlich und Frau Broda und all Ihre Mitstreiter*innen in Spremberg. Menschen, die durch ihr Handeln andere überzeugen können: Die Demokratie hat Kraft. Und wenn wir Offenheit, Vielfalt und Solidarität leben, dann entsteht etwas Gutes für uns alle!

Auch Ihr Engagement für die PRIDE-Bewegung gehört in diese Reihe. In Zusammenarbeit mit dem CSD Cottbus setzten Sie sich als Kirchengemeinde auch sichtbar für die Belange queerer Menschen ein. Eine Regenbogenfahne am Kirchturm war sichtbares Zeichen dieser Botschaft: Zu unserer #unteilbaren Gesellschaft gehören alle dazu, egal wer sie sind, egal, wen sie lieben. Dass ein feiger und abstoßender Brandanschlag ausgerechnet in diesem Moment im Sommer 2023 auf Ihre Kirche verübt wird, ist sicher kein Zufall.

Ich komme damit auf den Anfang meiner Rede zurück und auf den Mut, den es ganz offensichtlich auch heute noch braucht, um für Demokratie und Vielfalt einzustehen. Sie zeigen diesen Mut trotz Anfeindungen und Widerständen, von denen der Brandanschlag wohl nur das krasseste, aber eben keinesfalls das einzige Beispiel ist. Sie erleben auch Anfeindung, weil Menschen Sorge haben, dass durch Ihr Eintreten gegen Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus ein schlechtes Image Ihrer Region entstehen würde. Eine solche Logik ist brandgefährlich, weil sie dazu führt wegzuschauen, wenn man den Blick ganz genau fokussieren muss. Weil sie zum Weghören führt, gerade wenn es offene Ohren braucht. Und weil sie zum Schweigen bringt, wenn doch eigentlich laut sein jetzt wichtig wäre. Ich bin Ihnen, liebe Frau Broda, liebe Frau Nerlich, liebe Ev. Kirchengemeinde Spremberg von Herzen dankbar, dass Sie trotz aller Widerstände Ihre Augen und Ohren öffnen und Ihre Stimme erheben. Und damit beweisen Sie vor allem eines: Herz! Ein Herz für die Menschen in all ihrer bunten Vielfalt und ein Herz für unsere Demokratie. Das Wort „courage“ – Sie bekommen ja heute den AMOS-Preis für Zivil-courage - lateinisch cor, französisch coeur – bedeutet übrigens genau das: Herz! Vielen Dank, dass Sie sich mit ganzem und offenem Herzen für Vielfalt und Solidarität einsetzen!

Sie zeigen diesen beherzten Mut auch in besonderer Weise, weil Sie durch Ihr Engagement in einer kleinen Stadt, in der ländlichen Lausitz im wahrsten Sinne des Wortes Gesicht zeigen müssen. Niemand von Ihnen kann sich in der Menschenmasse einer Großdemonstration verstecken. Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Diese Demonstrationen in Berlin, Köln, München, Hamburg sind wichtig und es macht Mut zu sehen, wie viele Menschen sich dort schützend vor unsere Demokratie stellen. Aber in Spremberg mit 25.000 Einwohnern, wo man miteinander lebt, sich kennt und immer wieder begegnet, da bedeutet Ihr Engagement noch einmal auf ganz besondere Weise mutiges Gesicht zeigen und Farbe bekennen.

Sie tun all das nicht als irgendein Verein, sondern bewusst auch als Kirchengemeinde. Dahinter stecken also offenbar auch christliche Überzeugungen und Motivationen. Und als evangelischer Christ rührt auch mich das auf besondere Weise an. Denn ich bin – ich denke mit Ihnen gemeinsam – überzeugt: Gottes Welt ist bunt und vielfältig. Er hat sie wunderbar gemacht. Und es ist unsere Aufgabe, diese Buntheit und Vielfalt zu schützen.

Lassen Sie mich schließen mit einem Bibelwort, das – wie ich finde – wunderbar zu Ihrem bisherigen Engagement passt, aber das Ihnen und uns allen auch für die Zukunft den weiterhin notwendigen Mut zusprechen soll: Im 2. Brief des Thimoteus heißt es: Denn der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen. Vielmehr gibt er uns Kraft, Liebe und Besonnenheit.

Es gibt viel zu tun für unsere Demokratie und manche gegenwärtige Entwicklung erfüllt uns zurecht mit Sorge. Aber es gibt keinen Grund zu Verzagtheit. Das Engagement der Ev. Gemeinde Spremberg zeugt von Kraft, von Liebe und von Besonnenheit und das darf uns allen heute mutiges Beispiel und Ansporn sein. Von Herzen vielen Dank für Ihren Einsatz und herzlichen Glückwunsch zum AMOS-Preis für Zivilcourage 2024!

Homepage Daniel Born MdL – Vizepräsident des Landtags von Baden-Württemberg

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